Stephan Scheuzger

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Die Welt der Sozialpolitik in einem sehr kleinen Staat: Fürsorge in Liechtenstein vom 19. bis ins 21. Jahrhundert

Das Forschungsprojekt verfolgt nicht nur einen zeitlich breiten, sondern auch inhaltlich umfassenden Ansatz in der Bearbeitung seines Gegenstandes. Durch die Untersuchung der Fürsorgepolitik und ‑praxis in der Vielfalt ihrer bedingenden sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen, diskursiven, politischen und wissenschaftlichen Faktoren soll zum einen ein differenziertes Bild des historischen Umgangs mit Bedürftigkeit in einem Kleinstaat produziert werden. Durch die breit angelegte historische Rekonstruktion und Analyse der unterschiedlichen beteiligten Wirkungszusammenhänge soll zum anderen aber auch ein generell besseres Verständnis des komplexen Phänomens der Fürsorge ermöglicht werden. Indem eine derartige historische „Gesamtschau“ eines nationalen Fürsorgesystems – zu der prominent auch die Betrachtung der grenzüberschreitenden Verflechtungen gehört – bisher noch zu keinem Land geleistet worden ist, verspricht das Projekt auch wesentliche innovative Erkenntnisse für das Feld der Fürsorgegeschichte insgesamt.

Die globale Geschichte des Gefängnisses im „langen“ 19. Jahrhundert

Im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Gefängnis weltweit zur wichtigsten Form der Bestrafung. Allerdings verbreiteten sich das Gefängnis als Institution wie auch das Wissen über Inhaftierung und Gefängnisregime nicht einfach von Europa in andere Teile der Welt. Eine Vielzahl von Akteuren waren Teil weitreichender Netzwerke, in denen das Wissen über das Gefängnis zirkulierte und in einem sich verdichtenden globalen Referenzrahmen in unterschiedliche Richtungen übertragen wurde. Dieses Wissen wurde dann in nationalen und kolonialen Räumen angepasst und modifiziert und in veränderter Form wieder in die grenzüberschreitende Zirkulation gebracht. Basierend auf den Ansätzen der Verflechtungs- und der Globalgeschichte rekonstruiert das Projekt diese Wissenstransfers und analysiert deren Bedeutung für die Entwicklung von Strafregimen in lokalen Kontexten auf vier Kontinenten. Damit will das Projekt zu einem besseren Verständnis der globalen Zusammenhänge und der weitreichenden Verflechtungen beitragen, in denen Gesellschaften über Kriminalität und Devianz nachdachten und Strafe umsetzten. Das Projekt geht davon aus, dass das Gefängnis selbst einer der wichtigsten Orte war, an dem Wissen über Kriminalität und Strafe produziert wurde. Daher verbindet es analytisch die Geschichte des Wissens über das Einsperren mit der Geschichte der Strafpraxis. Das Projekt konzentriert sich auf Gefängnisse in den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Britisch-Indien, Chile, Argentinien, Deutschland und Französisch-Guinea und untersucht verschiedene europäische, koloniale und postkoloniale Kontexte als sozial, kulturell und politisch differenzierte und daher umstrittene Räume der Rezeption, Übersetzung und Produktion von Wissen über das Gefängniswesen. Der Untersuchungszeitraum des Projekts erstreckt sich von den 1770er bis in die 1920er Jahre und deckt damit die entscheidenden Phasen der Globalisierung des Gefängnisses als dominante Form der Bestrafung ab.

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